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Berichte
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XV. Maratona di Roma am 19.03.2009

Bericht vom 22.04.2009

Curramus, quoniam currere coniungit amicos et populos

Lasst uns laufen, denn Laufen verbindet Freunde und Völker. Trotz meines Anhauchs einer humanistischen Schulbildung war ich in Italien und vor allem der Ewigen Stadt Rom mit meinem Latein sehr schnell am Ende. Zur gerade noch ausreichenden Konversation blieb mein fränkisches Englisch übrig. Daher war mir’s – trotz aller guten Wünsche einiger Lauffreunde aus dem FSC kurz vor meinem Abflug zum XV. Maratona di Roma am 19.03.2009 – etwas mulmig, aber letztendlich dachte ich mir nach jüngstem Vorbild von Barack Obama: Yes, we can. Mein mentales Ziel, 42,195 km in 3:15 zurückzulegen, hatte ich nur bei wenigen Freunden zu äußern gewagt.
Der Flug per Lufthansa vom Münchener „Franz Josef Strauß“ zum Leonardo da Vinci / Fiumicino (FCO)-Flughafen ca. 30 km westlich von Rom verlief planmäßig (15:20 bis 16:50). Von dort ließ sich mit einer Non-stop-Schnellbahn der Hauptbahnhof (Termini) in etwa gut einer halben Stunde erreichen. Bei Termini kreuzen sich die beiden Metro-Linien A und B. Da ich gleich zum Marathon Village wollte, um meine Startunterlagen abzuholen, nahm ich Metro B in Richtung Laurentina und stieg an der vorletzten Haltestation Eur Fermi wieder aus. Bereits am U-Bahnausgang standen junge Leute vom Marathon-Organisationsteam, die an ihren Trikots mit dem diesjährigen Logo „Start your dreams“ leicht zu erkennen waren und Handzettel mit einer Wegskizze zum Marathon Village am Palazzo dei Congressi verteilten. Nach einem knapp 10minütigen Fußweg gelangte ich über einen roten Teppich auf dem Vorplatz in die Eingangshalle eines imposanten Gebäudes, das einem Tempel glich und auch für Staatsbesuche geeignet gewesen wäre. Im Untergeschoss erhielt ich endlich meine Startnummer mit einem Rucksack und T-Shirt, die jeweils das genannte Logo trugen. Beim Bummel durch das Marathon-Dorf lernte ich eine Gruppe lustiger Franzosen aus Strasbourg kennen. Zwei von ihnen sprachen akzentfreies Deutsch, so dass mir mein mangelhaftes Französisch größtenteils erspart blieb. Ihr „Boss“ (Jean) sprach auch ein wenig deutsch, konnte als inzwischen laisierter Priester aber einer reizenden Französin nicht widerstehen, hatte mehrere Semester in Rom Theologie studiert und war dort selbst als Fremdenführer tätig gewesen. Er bot mir an, am 20.03.2009 zu einigen Besichtigungen mitzukommen und wir verabredeten uns um 8:30 Uhr bei der Buslinie Nr. 90 am Bahnhofsvorplatz.
Schließlich erreichte ich abends um etwa 20:30 Uhr meine Unterkunft in der Via Nomentana 250, wo ich auf Empfehlung eines Würzburger Freundes bei einer Glaubenskongregation ein sehr schönes Zimmer mit Frühstück für 30,- € pro Tag erhalten hatte. Als ich dort auch noch ein Paar aus dem Bischöflichen Ordinariat Würzburg traf und 2 Ordensschwestern, die deutsch sprachen, wobei eine von ihnen sogar aus Oberbayern stammte, war meine Angst, sprachlich nicht zurechtzukommen, völlig gewichen. Der erste Tag klang schließlich in netter fränkischer Runde aus.
„Bonjour, tu es bien… ?», begrüßte mich die französische Gruppe freitags pünktlich um 8.30 Uhr am vereinbarten Treffpunkt Termini. Sie wollten die Basilika San Giovanni in Laterano besuchen. Auf dem Weg dorthin erzählte Jean, dass es in Rom die zweitwichtigste nach der Petersbasilika wäre. Papst Miltiades ließ sie im 4. Jahrhundert auf dem jetzigen Gelände errichten. Sie sei im Laufe der Jahrhunderte von Bränden und Erdbeben beschädigt, bei Vandaleneinfällen geplündert, aber immer wieder neu aufgebaut, erweitert und durch herrliche Kunstwerke bereichert worden. Bereits vom Vorplatz aus konnte man 15 Monumentalfiguren von ca. 7 m Höhe auf der 5achsigen Fassade bewundern. Das weiträumige, fünfschiffige Kircheninnere zeigt eine reich verzierte Decke aus dem 16. Jh. In den Pfeilern des Hauptschiffes öffnen sich große Nischen mit Apostelstatuen. Ein nur lückenhaftes Aufzählen der hier befindlichen Kunstschätze ist mir in diesem Kontext nicht möglich. An der rechten Seite der Basilika imponiert der Lateranspalast, den Sixtus V. 1756 über dem alten Papstpalast neu erbauen ließ. Er war ursprünglich als Sommerresidenz der Päpste vorgesehen. Hier befanden sich früher Sammlungen christlicher Kunst und eine ethnologische Sammlung, die heute im Vatikan zu sehen ist. Jean zeigte uns in einem schräg gegenüberliegenden Gebäude noch die Scala Santa (Die Heilige Treppe), auf der nach einer Legende Christus zu Pontius Pilatus hinaufgestiegen sein soll. Am oberen Ende der Treppe befindet sich die ebenfalls im 16. Jh. gestaltete päpstliche Privatkapelle, Cappella di S. Lorenzo.
Nach der Mittagspause in einem kleinen Bistro an der Metro-Station Cavour besuchten wir die Basilika San Clemente an der Via di S. Giovanni in Laterano. Hier liegen quasi 3 Kirchen übereinander. Beim großen Brand von Rom 64 n. Chr. wurde die Bebauung der Region, in der San Clemente heute steht, komplett verwüstet. Reste der Fundamente eines zerstörten Gebäudes, die für die nachfolgenden Bauten wiederverwendet wurden, fanden sich bei Ausgrabungen. Auf den Trümmern wurden kurze Zeit nach dem Brand zwei Gebäude errichtet. Das größere (29 x 60m), östlich gelegene bestand aus einem großen Hof und zahllosen, tonnegewölbten Kammern aus Tuffstein, die zum Hof hin geöffnet waren. Westlich, nur durch eine schmale Gasse getrennt, schloss sich ein mehrgeschossiges Gebäude aus Ziegelsteinen an, dessen Räume sich ebenfalls um einen (allerdings wesentlich kleineren) Hof gruppierten. In der Amtszeit von Papst Siricius wurde um das Jahr 384 das Haus des Titus Flavius Clemens in eine Kirche umgebaut, die schon damals Clemens I. geweiht war. Dafür wurde das Erdgeschoss des Gebäudekomplexes mit Erde und Schutt verfüllt, die Räume im ersten Stock wurden zu den Seitenschiffen verbunden und der ehemalige Innenhof als Mittelschiff überdacht. Unter Papst Johannes II. wurde die Ausstattung der Kirche erneuert. 1084 wurde Rom von den Normannen unter Robert Guiscard geplündert und dabei auch San Clemente zerstört. Unter Papst Paschalis II. (1099 – 1118), der zuvor selbst Kardinalpriester von San Clemente war, wurde nun wiederum die Ruine der alten Kirche verfüllt und als Fundament für die heutige Kirche benutzt. Diese Kirche hatte etwas kleinere Ausmaße als der alte Bau. Die Marmorschranken des Chors (mit Monogramm Johannes II.), der Bischofsstuhl und der Ambo (alle 6. Jh.) wurden in die neue Kirche übernommen. Ab 1430 wurde die Capella di Santa Caterina angebaut. 1645 wurde die Kirche von Kardinal Camillo Pamphilj den Dominikanern übertragen und 1655 schließlich den irischen Dominikanern, die während des Englischen Bürgerkriegs aus Irland fliehen mussten. Von 1715 bis 1719 wurde die Kirche von Carlo Stefano Fontana barock umgestaltet. 1857 begann Pater Joseph Mullooly mit den Ausgrabungen, bei denen bis heute große Teile der Vorgängerbauten von San Clemente wiederentdeckt wurden. Durch einen eher unscheinbaren Hinterausgang verließen wir schließlich die Basilika San Clemente und gingen in Richtung Metro am Kolosseum. Für Samstag, den 21.03.2009 verabredeten wir uns um 9.00 Uhr direkt an den Vatikanischen Museen zu deren Besuch.
Hier mussten wir am nächsten Tag im Eingangsbereich nach ca. 15minütigem Anstehen in der Schlange aus Sicherheitsgründen eine kurze „Leibesvisitation“ über uns ergehen lassen, bis wir uns endlich in den weiten Räumen der Museen völlig frei bewegen konnten. Es wäre anmaßend und zum Scheitern verurteilt, wenn ich die Eindrücke dieser endlosen Räume mit ihren unschätzbaren kulturellen, künstlerischen und historischen Werten hier in dem mir vorgegeben Umfang zu beschreiben versuchen würde. Je nach Wissensbegierde könnte der Besucher hier nicht nur Tage und Wochen sondern auch Monate ohne Langeweile zubringen. Hinzu gehören u.a. die Vatikanische Pinakothek mit insgesamt 15 Sälen, die Vatikanische Bibliothek und – für mich als Höhepunkt zum Schluss des Rundgangs – die Sixtinische Kapelle. An diesem Hl. Ort mit seinem reich freskierten Tonnengewölbe, seinem von Michelangelo grandios gemalten Deckengewölbe und ebenso grandios dargestellten Jüngsten Gericht auf der Wand hinter dem Hochalter war ich zugleich berührt und betroffen. In diesem sakralen Raum, in dem das Konklave abgehalten wird und in dem nach dem 4. Wahldurchgang am 19.04.2005 zuletzt unser jetziger Papst Benedikt XVI. als ehemaliger Erzbischof und Kardinal Joseph Alois Ratzinger von München-Freising gewählt wurde (nach Hadrian VI. vom 09.01.1522 – 14.09.1523 wieder einmal ein deutscher Pontifex seit 482 Jahren), herrschte bei unglaublicher Menschenanzahl weder Silentium, noch innere Einkehr oder Pietät.
Nach einem Imbiss in den Vatikanischen Museen stiegen wir die Treppen hinauf zur Kuppel der Petersbasilika. Sie ist ca. 120 m hoch und wird von 4 mächtigen Pfeilern getragen. An ihrer Basis steht in etwa 5 m hohen Lettern zirkulär – direkt über dem Stuhl Petri – geschrieben: „Tu es Petrus et super hanc petram aedificabo ecclesiam meam et tibi dabo claves regni coelorum.“ (Du bist Petrus und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen und Dir werde ich die Schlüssel des Himmelsreiches geben.). Von der Kuppelbasis gelangt man schließlich über weitere enge Aufgänge zur Veranda mit möglichem Rundgang im oberen Kuppelaußenbereich. Hier bietet sich ein wunderschöner Blick auf die Ewige Stadt, die Vatikanischen Gärten und Museen, kurzum auf die Vatikanstadt mit Petersplatz, seinem zentralen ägyptischen Obelisken und der darauf zulaufenden Via della Conciliazione (s. Bild). Der Kuppelabstieg zu Fuß führt schließlich direkt in das linke Seitenschiff der Peterskirche. Auch hier bleiben meine Eindrücke unbeschreiblich. Nur eines sei erwähnt: direkt gegenüber an der ersten Kapelle des hinteren rechten Seitenschiffes standen traubenweise Besucher bei stetigem Blitzlicht von Kameras. Dort wollten viele ein bildhaftes Andenken von Michelangelos „La Pietà“, die hinter einer Glasfassade geschützt war, mitnehmen. Die Zeit reichte leider nicht mehr zum Besuch der Vatikanischen Grotten mit verschiedenen Papstgräbern direkt unter der Kirche, wo ich erstmalig bereits am 19.03.2007 gewesen bin. Mein Besuch in der „Papstkirche“ klang mit einem Gottesdienst-Besuch ganz vorn im Hauptschiff in der 2. Bankreihe vor dem Hochaltar aus. Als ich den Petersplatz in der Abenddämmerung verließ, blickte ich nochmals auf das wunderschöne Abendrot zurück, das die Vatikanstadt mit seiner mächtigen Petersbasilika in diesem Moment einhüllte. Ich durfte auf einen schönen Sonntag hoffen, und der kam auch so.
Am 22.03.2009 hatte ich bis 7.30 Uhr gefrühstückt und war dann in Richtung Termini gefahren. Im Bus traf ich wieder auf „meine Franzosen“. Wir diskutierten über die heute ideale Laufkleidung. Die überwiegende Zahl entschied sich für kurz, ich dagegen für langes T-Shirt und lange Hose, denn trotz wolkenfreiem Himmel wehte noch ein ziemlich kalter Wind. Mit der U-Bahn kamen wir zum Kolosseum, wo wir in Läuferscharen um das antike Bauwerk herum in die Via di S. Gregorio geleitet wurden. Hier standen die Lastwägen zur Gepäckaufbewahrung bereit. Ich gab entsprechend meiner Startnummer meinen Rucksack bei LKW Nr. 6 ab und wartete dann ungeduldig vor einem Notdurfthäuschen, von denen Dutzende wie Legebatterien nebeneinander aufgereiht waren. Zum Glück hatte ich einen Grundsatz meines Lauffreundes Luggi befolgt: ein Päckchen Tempos braucht man immer. Ansonsten hätte ich in der papierlosen Kabine gleich vor dem Start alt ausgesehen. Erleichtert habe ich mich vor dem Titusbogen noch etwas eingelaufen, hielt dies aber wegen der großen Pflastersteine für wenig zweckmäßig und begab mich dann in den Startbereich B, für den ich eingeteilt war (Top: Nr. 1-50, A (Elite): Nr. 51-400, B: Nr. 401-4000 mit Zielzeit 3:00-3:45, C: Nr. 4001-8000 mit Zielzeit 3:45-4:30 und D: Nr. 8001-15000 mit Zielzeit über 4:30). Entsprechend den Startnummern waren die Zugangsbereiche in einzelne Korridore abgetrennt und jede/r wurde beim Betreten seines Bereichs entsprechend seiner Bib-Nr. zugelassen. So erfolgte im Startbereich eine Einteilung in Leistungsgruppen. Im Korridor B waren jeweils 5-6 Pacemaker für die Zielzeiten 3:00 mit gelben, 3:15 mit grünen und 3:30 mit hellblauen Luftballons gut sichtbar positioniert. In den anderen Korridoren waren weitere Farben für jeweilige Zielzeiten in viertelstündigem Abstand bis zu 5:00 (lila) vorgesehen. Meine Luftballons sollten die grünen sein, auf denen ich ca. 70 - 80 m vor mir in der Startgruppe die aufgetragene Zeit zwar nicht mehr lesen konnte, aber ich hatte mich vorab „farblich“ informiert.
Der Startschuss fiel pünktlich um 9.00 Uhr in der Via dei Fori Imperiali. Bis ich einigermaßen gleichmäßig lief, hatte ich etwa in Höhe der Basilika San Paolo fuori le Mura bereits 7 km hinter mir. Kurz später an der Kehrtwende des südlichsten Streckenpunktes war ich endlich auf gleicher Höhe mit den Pacemakern für 3:15, eben den „Grünen“. An prächtigen Gebäuden entlang des Tiberufers kamen wir nordwärts bis zur Cavour-Brücke und überquerten auf ihr den Fluss (ca. 15,5 km) mit Kurs auf Piazza Cavour. Nach kurzer Route auf der Via Crescenzio schwenkten wir nach links in eine Querstraße, die uns an ihrem südlichen Ende rechts weg auf der Prachtstraße Via della Conciliazione zur Vatikanstadt hinlaufen ließ. Hier blieb mir der nachhaltigste Eindruck: ich lief auf dem Mittelstreifen und hatte die Kruzifixe des Obelisken auf dem Petersplatz und auf der Kuppel der Peterskirche genau in einer Vertikalen übereinander. Vorne am Petersplatz angekommen hörte ich über Lautsprecher die Stimme von Benedikt XVI. aus einer Übertragung seiner derzeitigen Afrikamission. An den rechtsseitigen halbrunden Kolonnaden bogen wir ab in Richtung Vatikanische Museen mit leichtem Anstieg des Streckenprofils bei endlich knapp zurückliegenden „Grünen“ (ca. 17,5 km). Die Straßen führten jetzt nordöstlich wieder hin zum und entlang des Tibers zur Halbmarathonmarkierung, die ich laut dortiger Uhr bei 1:34:50 brutto passierte. „Was hatte der Luggi mir empfohlen? 1:35 bei Halbzeit, ja...und jetzt gleichmäßig weiter, dann sollte es mit meiner Wunschzeit klappen.“ Auf den folgenden Kilometern habe ich mich sehr konzentriert und immer wieder auf die Uhr gesehen, um in „meiner Zeit“ zu bleiben. Von Sehenswürdigkeiten konnte ich jetzt wenig behalten. Die ausgezeichnete Verpflegung ist mir angenehm aufgefallen, Wasser gab es z.B. in Form von Schwämmen alle 2,5 km. Das Trinken vergaß ich nicht, meine Kleidung passte auch. So ging es weiter bis ich große Zuschauermengen vernahm, bevor ich endlich die Piazza Navona erreichte (ca. 34,0 km), wo das römische Leben bei Brunch oder Mittagstisch in den verschieden Cafés und auf dem Platz im Freien zu blühen schien. Überwiegend bekamen wir Applaus, teils auch etwas Verwunderung entgegengebracht, sich so etwas anzutun.
Meine Kräfte wurden merklich weniger und ich dachte kurz nach der Piazza del Popolo (ca. 37,5 km) an den Mann mit dem Hammer. Vorbei an Piazza di Spagna rang ich mehr und mehr mit mir selbst, bis mir der Anblick der „Schreibmaschine“, das imposante Nationaldenkmal für Vittorio Emanuele II., wieder etwas Mut zusprach (ca. 39.0 km). Die nach rechts schwenkende Via del Teatro di Marcello führte nochmals gut über 1000 m bergan, wo ich mit 3:03:27 km 40 hinter mir ließ. Mit Circo Massimo zur Rechten bogen wir endlich wieder ein auf die Via di S. Gregorio, von der jetzt die Gepäck-LKWs vor dem Start fehlten, da sie mittlerweile hinter den Zielbereich in die Via dei Fori Imperiali umgesetzt waren, dafür unterliefen wir am Ende dieser Straße den Heißluftbogen mit dem Hinweis auf „Der letzte Kilometer“ in unterschiedlichen Sprachen. Ab hier führten die letzten 1200 m gegen den Uhrzeigersinn nochmals bergan bis hinauf zur Piazza del Colosseo, wo mich der erste „Grüne“ ein- und auch überholte. Ich war bereit, alles an Kraft zu geben, was ich noch hatte, als ich auf dem Platz mich nach links – jetzt wieder abwärts – in Richtung Metro-Station Colosseo orientierte. Von dort sah ich bereits die 42-km-Fahne auf der Via dei Fori Imperiali wehen. „Mein Grüner“ lief unmittelbar vor mir, aber zu schnell für mich, um noch aerob zu bleiben, dann eben anaerob auf den letzten 200 m der Zielgeraden, dachte ich mir. Hier lief ich wie in Trance entlang der Zuschauertribüne links der Strecke und bekam plötzlich die Zieluhr mit 3:14:52 (brutto) in den Blick. Als letzte Digitalanzeige erinnere ich mich noch an 3:14:59 vor dem Überqueren der Linie und an „grandioso“ über einen Lautsprecher. Ich war am Ziel meiner Träume angekommen, 3:15 in Rom zu laufen, meine Wangen wurden nass – nicht wegen des Schweißes, den ich sicher auch vergoss – und meine lang gehegten Emotionen brachen unwillkürlich heraus. „Tutto bene?“ fragte mich eine junge Italienerin (vielleicht auch Römerin), bevor sie mir meine Medaille umhängte. „Si, si...“ konnte ich nur noch sagen und ging im Zielbereich weiter.
Hier war für alle Finisher-Bedürfnisse bestens gesorgt: Wärmefolien, warmer Tee, allerlei weitere nicht-alkoholische Getränke, medizinische Versorgung, Massagen, Verpflegungspaket für jede(n) Angekommene(n) etc. Nach kurzer Regeneration holte ich meinen Rucksack ab, wechselte in trockene Kleidung und begab mich dann auf die Piazza Madonna di Loreto, wo ich auf meine Medaille Namen und Brutto-Laufzeit (3:15:00) eingravieren ließ, 3:14:26 waren es schließlich netto. Passanten bat ich noch um zwei Aufnahmen mit meiner Kamera, einmal mit der Bronze-Quadriga auf der „Schreibmaschine“ im Hintergrund, zum anderen am Forum Traianum. Eine Zeitlang sah ich noch lateinamerikanischen Tänzen auf dem genannten Platz zu, bevor ich den Wegweisschildern über das Foro di Traiano und die Via Cavour zur gleichnamigen Metro folgte und in die Via Nomentana zu meiner Unterkunft zurückkehrte.
Der Leser möge sich über so manche emotionale Passagen bei meiner Darstellung des 15. Rommarathons bitte nicht wundern, Sie sollen weder selbstredend noch glorifizierend sein. Aber emotionsfrei lässt sich ein Marathon weder laufen, noch beschreiben. Langstreckenlauf ist – dank des Forstenrieder SC - eben zu „meinem Sport“ geworden. Er schenkt vieles, nicht nur (Sports-) Freunde (Frauen selbstverständlich mitgemeint).
Den Nachmittag und auch den darauf folgenden Montag verbrachte ich mit der Lektüre eines derzeitigen Bestsellers „Glück kommt selten allein...“ von Eckart von Hirschhausen und dem Schreiben einiger Ansichtskarten, denn zum „Sightseeing“ war ich nicht mehr genügend aufgeweckt. Bereits jetzt fasste ich den Entschluss, beim 16. Rommarathon am 21.03.2010 wieder dabei zu sein.
Auf dem Rückflug nach München hatte ich nochmals ein wunderbares Erlebnis: als ich meinen Sitzplatz 11F am Fenster aufsuchte, lächelte mir ein Ehepaar zu. Ich begriff schnell den Grund, denn in der Handgepäckablage lagen 2 gleiche Rucksäcke wie ich noch einen dritten vom Rommarathon mitbrachte. Es war ein Ärztepaar aus Manchester. Sie hatten ihre 3 Kinder zuhause bei Großeltern versorgen lassen und waren in Rom gelaufen. Sie ihren allerersten Marathon mit 4:31, er seinen dritten mit 4:10 nach erstem in Berlin und zweitem in Edinburgh. Wir haben uns in der kurzen Flugzeit von 90 min. derart gut verstanden, dass wir einander versprachen, uns zum 16. Rommarathon im nächsten Jahr wiederzusehen, denn nach dem Marathon ist vor dem nächsten (Rom-) Marathon. Für mich war es der zweite in Rom. Am Flughafen in München verabschiedeten wir uns vor ihrem Weiterflug nach England ganz herzlich.
„Alle Wege führen nach Rom“, sagt ein altes Sprichwort, das auf diese Weise die Großartigkeit und Bedeutung dieser Stadt als „caput mundi“, Mittelpunkt der Welt, hervorhebt. Welcher Weg mit welchem Motiv auch immer den Besucher in die Ewige Stadt führen mag, Rom bietet ihm die wohl einzigartige Gelegenheit, sich mit dem überaus reichen historischen, künstlerischen und monumentalen Erbe auseinanderzusetzen, da die römische Kultur gemeinsam mit der griechischen die Wiege der westlichen Kultur darstellt. Möge ich künftig noch oft den Weg in die Ewige Stadt finden, ob als Läufer oder sonstiger Besucher, denn Rom ist und bleibt – nicht nur für mich – unermesslich, unbegreiflich und einfach wunderbar. Gott bewahre uns diese Stadt.


München, den 20.04.2009

Karl Josef Kleinhans
(Forstenrieder SC)

Karl Kleinhans